Charlotte Roche ist eine meiner Lieblingsfiguren in der deutschen Medienlandschaft. Sie scheint eine der Personen zu sein, die es schaffen geerdet und unterhaltend zu sein, lustig und radikal. Das können nicht viele vereinen. Keine Ahnung ob das auch wirklich stimmt. Aber weil ich sie seit zehn Jahren durch diverse Medienkanäle mitverfolgen kann und viele ihrer Themen auch meine sind, habe ich irgendwie das Gefühl sie zu kennen. Wie ein Stalker, der immer mal wieder eine Therapiesitzung belauscht.
Zu Viva Zwei Zeiten flackerten Feminismus, Randale, Trinken, Popkultur und Indie-alarm durch Charlotte Roches Sendungen. Und irgendwie auch Politik, aber immer lustig und unkonkret. Das war eher so Sturm und Drang- jugendlicher Spaß an einfachen Parolen – Remmidemmi-politisch sein mäßig. Im SPIEGEL sagte sie später mal, dass sie sehr politische Eltern hat und eigentlich auch deren politische Einstellung teilt. Nur deren Performance fand sie immer peinlich und wollte lange nichts mit Demonstrationen und Co. zu tun haben. Aber das sollte sich ändern.
Ein paar Jahre und die Geburt einer Tochter später ging es in Charlottes Interviews plötzlich um Fastfoodketten und Laufzeitverlängerungen und wurde sie bei Greenpeace und Attac Aktionen gesichtet. Wohl auch durch Klaus Werner-Lobos Buch „Uns gehört die Welt“, das sie nach eigenen Angaben sehr radikalisiert hat. Aus den lustigen Parolen von früher wurden konkrete Forderungen, die konsequenterweise auch vor dem eigenen Leben nicht Halt machen. Ich feier Charlottes Buch „Schoßgebete“ vor allem darum, weil es sich mit dem Thema „moderner Öko sein in einer Großstadt“ auseinander setzt. In vielen Reviews wurde das politisch korrekte Bio -Verhalten der Protagonistin Elisabeth schon als manisch beschrieben, sie lebe Umweltschutz als Ersatzreligion, benutzt globale Verantwortung für Selbtkasteiung. Die unheimliche Frage, ob dem so ist und ob das bei mir auch so sein könnte, habe ich erstmal gedeckelt mit der Antwort, dass die Feuilleton-Redakteure alle nicht „Uns gehört die Welt“ gelesen haben und es dann sehr einfach ist so zu sagen, man betreibe radikalen Umweltschutz ausschließlich aus zwangsneurotischen Gründen. Aber zuende ist die Diskussion noch nicht. Aber das dann in einem anderen Artikel.
Jetzt ersteinmal ein TV Tipp: Roche & Böhmermann. Läuft immer Sonntags 22.00 Uhr auf zdfkultur und dann ne Woche im Netz. Roche & Böhmermann haben Talkgäste am Tisch, die unterschiedlicher nicht sein könnten. So schämt man sich tief in den Fernsehsessel, wenn Moderatöse Britt den Sven Marquardt verbal belästigt, dass er sie doch bitte ins Berghain lassen soll. Grandios sind die Einspieler, mit denen die Gäste vorgestellt werden. Sido hätte danach beinahe geweint. Politisch wirds natürlich auch, letzte Woche kam zum Beispiel Foodwatch Chef Thilo Bode vorbei, heute Abend kommt der enorm Chefredakteur Thomas Friemel. Erwartet keine tiefen Diskussionen und wahnsinnige Erkenntnisse, denn keine Frage wird wirklich zuende geführt, Themen werden besprungen und schnell liegen gelassen, Antworten abgewürgt und weggepiept. Wir sind hier nicht bei Jauch. Hier gibt es eben Fernseanarchie á la Roche. Und das ist große Unterhaltung.
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