Ich habe den Verein Mother Hood e.V. letztes Jahr gefunden, als ich auf der Suche nach Infos zu Schwangerschaft und Corona gesucht habe. Da ich dort gut aufbereitete Informationen gefunden habe, habe mich mich näher mit dem Verein auseinandergesetzt und bin direkt auf Instagram gefolgt. Die Bundeselterninitiative setzt sich für das Recht auf eine stressfreie und gesunde Schwangerschaft, eine sichere und selbstbestimmte Geburt mit der freien Wahl des Geburtsortes und für ein gesundes aufwachsen der Kinder (mit Fokus auf das erste Lebensjahr) ein. Es geht also insgesamt darum, die Versorgung besser zu machen.
Ziemlich genau ein Jahr später habe ich nun ein Telefon-Interview mit Katharina Desery, der Pressesprecherin des Vereins, geführt und alles fragen können, das ich noch zum Verein wissen wollte. Meine Sympathie ist weiter gestiegen. Hier könnt ihr lesen, warum.
Wie bist du zu Mother Hood e.V. gekommen und wie viel arbeitet ihr Vorstandsmitglieder an dem Projekt?
Ich habe Mother Hood mitbegründet. 2014 wurde bekannt, dass Hebammen keine Haftpflicht-Versicherungen mehr bekommen sollen. Medial und im Netz ging es viel um die Rettung der Hebammen, auch Demonstrationen wurden ins Leben gerufen. Viele Menschen, insbesondere Mütter, haben sich über das Thema informiert und engagiert. So auch ich. Wir haben dann als lose Elterngruppe begonnen, auch mit PolitikerInnen zu sprechen. Da fand ganz viel deutschlandweite Vernetzung statt. Einige Köpfe der Bewegung haben dann begonnen, sich zu organisieren. Schnell war klar, dass es gar nicht (nur) um die Hebammen gehen muss, sondern um elementare Rechte von Frauen, Kindern und Familien. Den Familien wird regelrecht die Hilfe verweigert, die sie rund um die Geburtshilfe brauchen. Die Versicherung der Hebammen ist nur ein kleiner Baustein von vielen. Als uns das klar wurde, haben wir einen Verein gegründet – Mother Hood e.V.. Seit 2017 bin ich im Vorstand des Vereins. Ich arbeite mittlerweile hauptamtlich in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Mother Hood e.V.. Wir haben derzeit rund 1.400 Mitglieder.
Wie finanziert sich Mother Hood e.V.?
Wir finanzieren uns durch die Mitgliedsbeiträge und Spenden. Wir bekommen keinerlei institutionelle oder staatliche Förderungen. Das hat den Vorteil, dass wir komplett unabhängig sind. Wenn sich mal ein passender Partner findet, sind wir dafür aber offen, insbesondere projektbasiert kann das sehr spannend sein.
Du hast laut Website selbst drei Kinder. Falls ich eine so persönliche Frage stellen darf: Hast du dich aufgrund eigener, womöglich negativer Erfahrungen begonnen, in diesem Bereich zu engagieren?
Darfst du! Meine Kinder sind 11, 13 und 16 Jahre alt. Als die geboren wurden, habe ich über Probleme noch gar nicht nachgedacht. Ich habe zum Glück kein negatives Erlebnis in dem Sinne gehabt. Der Grund für mein Engagement ist der, dass ich mich für die Rechte von Frauen und Familien einsetzen möchte. Der Elternprotest hat genau meinen Nerv getroffen.
2019 habt ihr einen 10-Punkte-Plan zur Verbesserung der geburtshilflichen Situation verabschiedet und ihn der Bundesregierung und anderen politischen Entscheidungsträger*innen überreicht. Was hat das bewegt?
Wir wollten nicht immer nur zeigen, was alles blöd ist, sondern selbst auch Lösungen präsentieren. Immer wieder haben wir nämlich erlebt, dass PolitikerInnen uns mit großen Augen angesehen haben und gefragt haben „ja, was sollen wir denn machen“. Da haben wir also angesetzt. Wir hatten damals einen Termin im Gesundheitsministerium und haben für diesen Termin den Plan erarbeitet. Der wurde seitdem immer mal überarbeitet und angepasst. Seit der Überreichung kennen viele PolitikerInnen uns. Wir stehen mit allen größeren Parteien (außer der AfD) im Austausch. Es gibt natürlich noch mehr als diese 10 Punkte, aber damit decken wir schon mal einen großen Bereich ab. Der Plan zeigt den PolitikerInnen auch, dass wir ein kompetenter Gesprächspartner sind, wenn es um Geburtshilfe geht.
Was wirklich erstaunlich ist, ist die Trägheit der Politik. Bis man da WIRKLICH etwas erreicht, muss man echt viele Gespräche geführt haben. Ich glaube, wir sind da – auch gemeinsam mit anderen Institutionen – auf einem sehr guten Weg. Wir haben zum Beispiel auch die Leitlinie vaginale Geburt mitgeschrieben, gemeinsam mit Ärzten und Hebammen.
Wenn du einen Wunsch für Mother Hood e.V. frei hättest, was würdest du mit diesem Wunsch direkt ändern?
Ich würde von einer Minute auf die andere die Haltung der Gesellschaft und vor allem der Geburtshelfenden (Ärzte und Hebammen) gegenüber der Gebärenden ändern wollen. Die Leistung, die in der Geburtsarbeit liegt, die muss anerkannt werden. Dann haben wir nämlich auch schnell eine bessere Geburtshilfe – und Raum für die Gebärenden, damit alle die Geburten leben können, die sie sich wünschen und die sie brauchen. Und es muss klar sein: Geburt hat Einfluss auf die Kindergesundheit.
Ihr bietet, gemeinsam mit dem Verein ISPPM ein Hilfetelefon Schwierige Geburt an. Rufen viele Betroffene an, oder muss sich das noch herumsprechen?
Das Hilfetelefon ist tatsächlich mein persönliches Baby. Mein viertes Kind. Ich habe es aber nicht alleine zur Welt gebracht. Das kam so: An Infoständen passierte es immer wieder, dass Frauen mir ihre – teilweise traumatischen – Geburtsgeschichten erzählt haben. Ich bin aber ja gar nicht vom Fach und war damit teilweise auch überfordert. Andere Aktive berichteten ähnliches. So entstand die Idee zum Hilfetelefon. Als ich mit der damaligen Präsidentin des ISPPM darüber sprach stand für uns fest, dass wir ein Hilfetelefon für all diese Erfahrungen ins Leben rufen wollen. Letztes Jahr im Juni war es dann soweit: Fachmenschen besetzen seitdem zu bestimmten Zeiten die Hotline. Dieses Angebot können wir den Frauen nun immer mitgeben, was sehr toll ist. Die Hotline soll den Betroffenen helfen, mögliche Traumata zu erkennen und gemeinsam herauszuarbeiten, welche Schritte sie nun gehen können oder wo sie weitergehende Hilfe bekommen können.
Bisher kommen wir mit den beiden Zeitfenstern in der Woche noch ganz gut aus, Schichten ohne Anrufe kommen aber eigentlich nicht vor. Direkt im ersten Dienst riefen schon Betroffene an, manche haben wohl regelrecht auf so ein Angebot gewartet. Einige geschilderte Erlebnisse liegen schon richtig lange zurück, andere sind noch ganz frisch. Das Angebot des Telefons ist bewusst ganz offen gehalten und richtet sich an ALLE, die Gesprächsbedarf haben. Es dürfen zum Beispiel auch Väter oder andere Begleitpersonen anrufen.
Wie wirkt sich Corona auf eure Arbeit aus? Da ist ja noch mal ein ganzes Feld hinzugekommen, oder?
Am 13. März 2020, dem Freitag vor dem ersten Lockdown, haben wir unser erstes Posting zum Thema Corona veröffentlicht. Dann kriegten wir mit, dass erste Krankenhäuser die Begleitperson vom Geburtsprozess ausschließen und das Thema hat uns dann nicht mehr losgelassen. Uns erreichten seitdem viele Fragen von Betroffenen, was sie nun tun können. Wir recherchieren sorgfältig und informieren auf unserer eigens eingerichteten Info-Seite. Das hilft vielen Eltern und wir bekamen schon viel Lob. Unseren Job verstehen wir so, Informationen und Hilfestellung zu geben, aber keinen Alarmismus auszulösen. Wir versuchen, den Familien ein guter Partner zu sein. Die Situation für Gebärende ist nach wie vor sehr unübersichtlich und unterschiedlich, weil jede Klinik ihre eigenen Regeln machen darf.
Wie kann man Mother Hood e.V. unterstützen?
Toll ist es natürlich, wenn Menschen dem Verein beitreten. Die Anzahl der Mitglieder zeigt, wie wichtig ein Thema ist und wertschätzt unsere Arbeit enorm. Ab einem Beitrag von 25 Euro im Jahr kann man Mitglied sein. Alternativ nehmen wir auch unabhängig von Mitgliedschaften gerne Geldspenden entgegen. Gerade läuft ein Crowdfunding für eine neue, bessere Website. Mit der aktuellen stoßen wir zunehmend an Grenzen. Und nicht zuletzt: Mundpropaganda oder das Liken und Teilen von Social-Media-Beiträgen und Links.
Danke für deine Zeit, liebe Katharina!
Hier findet ihr die aktuelle Website und noch viel mehr dazu, was Mother Hood e.V. leistet!
Das Titelbild ist von Christian Bowen auf Unsplash. Danke.
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