Bier ist eine der schönsten Nebensachen der Welt, finde ich. Aber aufgepasst: Bier ist nicht gleich Bier. Es gibt hier, wie bei allen anderen Nahrungsmitteln, riesengroße Unterschiede.
Leider gehören immer mehr Brauereien zu den großen Konzernen. Das ist zum Beispiel InBev, denen Beck’s, Franziskaner, Hasseröder, Löwenbräu, Budweiser, Corona, Stella Artois und Co gehören. Oder Dr.Oetker (ja, die machen nicht nur Backmischungen) mit der ihnen zugehörigen Radeberger Gruppe, die neben Radeberger Bier auch Berliner Kindl, Berliner Pilsner, Schultheiss, Binding, Köstritzer, Sternburg, Tucher und einige Kölsch-Anbieter (u.a. Gilden, Sion und Dom) zu seinen Marken zählt. Auch Carlsberg besitzt eine Menge Bier-Marken, darunter Astra, Duckstein, Holsten, Lübzer und Elephant Beer.
Damit sind die meisten Biere aufgezählt, die es an jedem Späti und in den meisten Lokalen gibt, oder? Und was fällt uns noch auf? Stimmt, eigentlich ist es völlig egal, ob wir ein Hassenröder, ein Beck’s oder ein Schultheiss trinken. Die schmecken ganz schön ähnlich. Weil unser Geschmack sich schon total an die gleichgeschalteten Industriebiere gewöhnt hat. Es gibt durchaus auch einige Brauereien, die noch sich selbst gehören und trotzdem in diesen Einheitsbrei passen. Einheitsbrei aus Familienbetrieben finde ich auch schon mal besser, als Einheitsbrei aus den riesigen Konzernen. Das sind dann immer die Momente, in denen ich mich über mein Smartphone freue: ich schaue in der Kneipe oft nach, welches Bier zu welchem Konzern gehört. Auf vielen Karten findet sich zumindest eines, das keinem gehört.
Denn mal ganz abgesehen vom Geschmack: Auch beim Bier müssen wir Konsumenten überlegen, wen wir unterstützen wollen. Es gibt so viele tolle, lokale Brauereien. Ich liebe es, immer wieder auf die Pirsch nach spannendem Bier zu gehen: Was für Bier gibt es in meiner Hood? In der Markthalle Neun gibt es zum Beispiel Heidenpeters, in Neukölln die Rollberg-Brauerei, am Gleisdreieck wird BRLO gebraut. Die haben neben klassischen Bieren auch einige andere Biere im Programm. Neben Pils, Weizen und Co gibt es nämlich so viel zu entdecken: Stouts, stark gehopfte Biere, mit Zusätzen gebraute Biere….
Ich mag nicht überall nur Beck’s trinken. Ich mag in jeder Region auf die Pirsch gehen und die lokalen Biere kennenlernen. Ich möchte nicht überall auf der Welt dasselbe Angebot vorfinden und frequentieren, „weil ich weiß, was ich daran habe“. Lieber mal eins dazwischen, das so gar nicht mein Fall ist, als diese Einöde. Und ich möchte lieber kleine, unabhängige Betriebe und ihr Handwerk unterstützen, als die riesigen und undurchsichtigen Betriebe.
Jedem, der ein Gewohnheitstier ist und am liebsten immer dasselbe Bier trinkt rate ich, mal über seinen Schatten zu springen. Probiert ein bisschen was aus, probiert herum und lasst euch das breite Geschmacksspektrum des Bieres nicht entgehen. Ja, ich würde so weit gehen und behaupten, dass Radeberger und Co gar keine richtigen Biere sind. Eher Wasser, das Bier spielt.
Eure Stammkneipe hat aber nur Beck’s und Berliner Kindl im Angebot? Fragt doch mal nach. Je mehr nachfragen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Wirt bereit ist, sein Angebot zu erweitern. Außerdem gibt es vermehrt Kneipen, die auf Vielseitigkeit Wert legen. Mein absoluter Lieblingsladen ist das Kauz&Kiebitz in Neukölln.
So, das musste mal raus. Prösterchen!
Besten Dank, dass du Kölsch auch noch erwähnst – ich hatte gar nicht auf dem Schirm, dass ich lieber die Finger von Gilden lassen sollte. 🙂
Ist auch schwer, die alle auf dem Schirm zu haben. Dafür nutze ich unterwegs echt oft mein Handy und schaue eben nach, um nach dem geringsten Übel zu greifen 😉
Prost!