Die Babyzeit und ihre Nebenwirkungen

Ein Kind zu bekommen ist ein wundervolles Erlebnis. Ich durfte es bereits das zweite Mal erleben und empfand es auch diesmal wieder als einzigartig, unglaublich schön und faszinierend. Doch dann beginnt das Babyjahr und auch diesmal steht hier wieder einiges Kopf.

4 Monate als Zweifachmama, 4 Monate mit Baby, 4 Monate in einer Familie mit 4 Kindern (meine 2 leiblichen und 2 Bonuskinder) – ich ziehe erste Resonanz.

Die Brüder und ihre erste Begegnung 

Das erste Aufeinandertreffen war wundervoll – zumindest zwischen uns Eltern und unserem Baby bei der Geburt. Der große Bruder (2,5 Jahre alt) war erst einmal nicht so begeistert und konnte seine Gefühle auch nicht hinter dem Berg halten. Soll er auch nicht! Und trotzdem ist es als Mutter dieser beiden schwer mit anzusehen, wenn die Emotionen das Kind so überkommen, dass er weint, und zwar nicht vor Freude. 

Ich stelle es mir auch komisch vor. Wir haben zwar immer darüber gesprochen, dass ein Baby in meinem Bauch ist und es irgendwann auf die Welt kommt und bei uns leben wird, wenn es dann aber wirklich passiert, ist das emotional ganz schön überwältigend. Ehrlichweise ergeht es uns Großen ja auch nicht anders.

Es wurde glücklicherweise von Tag zu Tag besser und so gab es bisher noch keine großen Eifersuchtsdramen. Es ist selbstverständlich, dass der kleine Bruder überall mit dabei ist und es wird auch meistens akzeptiert, dass er mich spätestens für die Nahrungsaufnahme einnimmt.

Und wie finden die Bonuskinder das neue Familienmitglied?

Ganz andere Emotionen kamen ins Spiel als die ersten beiden Kinder meines Partners ihren zweiten Halbbruder in ihre Welt aufnehmen mussten. Die größte Sorge des ersten Kindes war, dass es seinen Geburtstag teilen muss, denn der errechnete Termin war sehr nah dran. Es kam nicht dazu, aber der Papa konnte am Geburtstag selbst auch nicht mitfeiern, da die Entfernung zu groß und das Baby erst einen Tag alt war. Das sorgte für Unmut auf allen Seiten.

Das andere geht total auf in der Rolle als großes Geschwisterkind, hadert aber gleichzeitig auch damit, dass das natürlich auch noch einmal mehr bedeutet, dass der eigene Papa von einem weiteren Kind eingenommen wird. Erst recht, wenn es so klein ist und auch ich als Mutter Unterstützung benötige. Hierbei geht es vor allem um Care-Arbeit, die einen großen Teil der gemeinsamen Zeit schneidet.

Ich neige dazu, mich, aufgrund der Gefühle der anderen, unter Druck zu setzen und es allen recht machen zu wollen. So waren die Drei (der Papa mit seinen ersten beiden Kindern) schon zweimal im Kurzurlaub, um Quality-Time miteinander zu haben. Für mich bedeutete das allerdings zwei kleine Kinder alleine zu betreuen. Das eine Mal war ich sogar selbst mit beiden Jungs im Urlaub, was es noch viel schwieriger gemacht hat.

Kommen wir also zu meiner neuen Rolle als Zweifachmama mit Bonuskindern

Rückblickend ist es spannend zu betrachten, wie sich jeder einzelne durch die neue Situation weiterentwickelt hat. Welche Hürden überwunden werden und welche Fehler gemacht werden mussten, um daraus zu lernen.

Nebenwirkung: Hormone & Emotionen 

In dem Moment selbst hat es sich allerdings, wahrscheinlich auch hormonbedingt, sehr intensiv angefühlt. Denn der Unterschied zwischen mir und den Kindern ist, dass sich nicht nur meine eigene neue Rolle intensiv anfühlt, sondern auch das Begleiten der Kinder in ihren neuen Rollen. Ich kann nicht immer genau benennen was gerade in mir vorgeht oder woher ein Gefühl rührt. Fakt ist aber, dass ich gerade im Wochenbett viel geweint habe und auch jetzt noch sehr dünnhäutig bin. 

Nebenwirkung: Neurodermitis & Haarausfall

Im wahrsten Sinne des Wortes „dünnhäutig“, denn die aktuell schlimmste „Babyjahr-Nebenwirkung“ ist ein ziemlich heftiger Neurodermitis-Schub. Meine Augen sind verquollen, es existieren viele wunde und entzündete Stellen am Kopf und am Gesicht. Die Haut ist rau, spannt und juckt. Ich hatte bisher nicht viele Schübe in meinem Leben und einen so starken auch nicht. Ich denke, dass die Hormonumstellung diesen Schub veranlasst hat und ich hoffe, dass ich ihn in den Griff bekomme ohne Abstillen zu müssen.

Außerdem ist mein Haarausfall, wie nach bei Baby Nummer Eins, in vollem Gange und so habe ich bereits meine ungeliebten Geheimratsecken wieder. Ich kann nur hoffen, dass die kleinen Härchen auch diesmal wieder schnell nachwachsen.

Nebenwirkung: Still-Demenz

Ich dachte eigentlich immer, da ist nichts dran. Die Stilldemenz gäbe es gar nicht. Aber da habe ich mich geirrt. Wie auch immer man es nennen möchte, ich vergesse allerhand. Diese Konzentrationsschwäche ist anstrengend und ich frage mich ernsthaft wie andere in diesem Zustand arbeiten können oder ob sie diesen Zustand nicht haben. Mir fehlt meine Arbeit, aber ich kann mir nicht vorstellen aktuell einen richtig guten Job zu machen.

Nebenwirkung: Wochenbett

Ich war viel besser vorbereitet als beim ersten Mal und trotzdem empfand ich es nicht ausschließlich als schön. Ja, es ist die schöne Kuschel- und Kennenlernzeit, aber es ist eben, zumindest bei mir war es zweimal so, auch super nass (Tränen, Milch, Wochenfluss – alles fließt!), sehr Kräftezehrend und unglaublich emotional. Ich hatte ganz tolle Unterstützung von meinem Partner und meiner Mama und auch von Freunden, die Essen vorbeigebracht haben. Es gab viele schöne Momente mit unserem Baby, aber es gab eben auch einige Schreiphasen, viele nicht funktionierende Stillversuche, Schwindel durch Eisenmangel und einen lädierten schmerzenden Frauenkörper.

Stillen im Wochenbett

Der Unterschied zum ersten Babyjahr

Meine Rolle als Mutter habe ich schon klarer definieren können

In dem Babyjahr meines ersten Sohnes hatte ich ganz andere Herausforderungen. In erster Linie musste ich mich als Mutter zurechtfinden. Es war bei mir nicht so, dass ich mit Erfahren über die Schwangerschaft oder mit Geburt meines Kindes sofort wusste, wer und wie ich als Mutter bin und sein möchte. Das ist ein steter Prozess, der in meinem ersten Babyjahr viel präsenter war.

Neue Perspektive auf die Zeit mit Baby

Damals empfand ich die Tage, trotz super entspanntem Vielschläfer-Baby, oft als lang und ich war jedes Mal froh, wenn Unterstützung kam und ich nicht zu lange alleine im Babyalltag stecken musste. Ich konnte teilweise einfach nichts mit dem Baby anfangen, hatte aber das Gefühl, ich müsste es unterhalten, damit es möglichst viel lernt. Ich war schlicht gelangweilt und unterfordert. Wenn ich heute mal mit Baby Nummer Zwei alleine sein darf, ist das ein Fest. Es ist total entspannt und ja, vielleicht auch langweilig, aber genau das kann ich heute sehr schätzen und verspüre keinen Entertainer mehr in mir. Es sei denn, dass Baby fordert es sich ein.

Ich bin viel Sorgen-freier als beim ersten Mal

Und das schönste: ich bin deutlich weniger besorgt. Im Artikel „Die sorgenvolle Mutter“ schrieb ich über meine neu gewonnenen Sorgen nach Baby Nummer Eins. Ich weiß was ich mir und meinem Baby zutrauen und zumuten kann und lasse mich viel weniger leicht verunsichern. Das ist für mich der schönste Unterschied.

Und wie kommt das Baby auf der Welt zurecht?

Ich habe das Gefühl, dass unser Baby viel besser klar kommt, als wir alle zusammen. Und das, obwohl oder auch weil alles neu ist. Auch er hat anstrengendere und weniger schöne Tage. Insgesamt aber, schläft er gut, lacht er viel, trinkt und verdaut er gut und nimmt uns als seine Großfamilie mit all unserem Chaos von Herzen, genügsam und geduldig an.

Und das ist es auch was zählt und warum meistens von einer so wunderbaren Zeit gesprochen wird. Es ist schon beeindruckend mitzuerleben wie schnell ein so kleines Menschlein heranwächst, in welchem von Tag zu Tag mehr Persönlichkeit durchblickt. Ich nehme mir zwischendurch immer mal die Zeit unsere ganzen verkopften Gedanken und die Nebenwirkungen dieser intensiven Zeit hinten an zustellen und unser Baby zu betrachten, das jeden Tag so nimmt wie er kommt immer wieder mit einem Lächeln morgens aufwacht. Das alles neu entdeckt und angstbefreit die Welt und viele Menschen kennenlernt. Das so viel Liebe schenkt, dass die vielen eben beschriebenen Herausforderungen nur positiv und als Chance der Weiterentwicklung angesehen werden dürften.

Fazit 

Man wächst an seinen Herausforderungen. Wachstum kann ganz schön schmerzhaft sein. Das würde bestimmt auch unser Baby gerade bestätigen. Aber es lohnt sich.

Ich brauche jetzt trotzdem erst einmal eine Wachstumspause. Es darf jetzt eine Weile, alles was unsere Familienkonstellation als Ganzes angeht, etwas langsamer wachsen, damit wir hinterherkommen und uns in unseren neuen Rollen zurecht finden können. 

Kategorien Familienleben

über

Mit 2 bis 4 Kindern pendele ich Patchwork-bedingt zwischen Rostock und Berlin. Ich mag Überraschungen, Geburtstage und Abwechslung sowie das Reisen sehr. Für ein gutes Leben brauche ich - neben Liebe und Gesundheit - offene, auch hitzige, aber respektvolle Diskussionen, Menschen, die zum Nachdenken anregen und das eigene Meinungsbild ins Wanken bringen und eine immer toleranter werdende Gesellschaft.

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