Garten-Neustart

Berthold hat letztens bereits berichtet, dass er mit seinem Garten umziehen muss – wie das funktioniert, und ob es sich gelohnt hat, beschreibt er uns nun!

Ich will nichts schönreden: Die Kündigung meines alten Kleingartens war nichts anderes als ein hässlicher Schlag in die Magengrube. Aber es ist nun einmal auch die Aufgabe des Menschen, immer das Beste aus einer Situation zu machen, und so war am Ende natürlich auch nichts vollkommen vergeblich: Meine schöne Holzlaube, den guten Gustav, habe ich mit Hilfe meines ebenso unermüdlichen und wie einfallsreichen Profihandwerkers Tobias vor dem Bagger retten können, und so steht er inzwischen auf einer anderen Kleingartenparzelle, die ich „Emil“ genannt habe, als habe er nie etwas anderes gekannt, und er wird dort von den neuen Nachbarn gebührend bewundert. Auch die meisten Pflanzen haben ich noch rechtzeitig ausgraben und versetzen können, und sie haben den Umzug den Umständen entsprechend sogar erstaunlich gut überstanden. Na gut, ein paar von ihnen waren anfangs beleidigt und kamen 14 Tage später als sonst, aber so viel Zickigkeit gestehe ich ihnen zu – wer lässt sich schon gerne ungefragt in eine fremde Umgebung verpflanzen?

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Der arme Tobias müsste meiner Meinung nach eigentlich einen eigenen Beitrag verfassen und sein Werk mindestens in einer Fachzeitschrift präsentieren. Was hatte der Emil nicht alles an garstigen Überraschungen parat: Unzählige Trümmer tauchten unter dem Gestrüpp auf, unterirdische Verliese (wohl eine frühere Unterkellerung), natürlich immer genau dort, wo Wasserleitungen verlaufen sollten, und in jedem Beet finde ich beim harmlosen Wühlen noch immer ständig neue Steine und Scherben und anderen Unrat.

Was den eigentlichen Garten betrifft, so sieht der nach monatelangem Roden, Buddeln und Jäten inzwischen halbwegs anständig aus, hat aber auch noch einige Tücken parat. Vor allem der Giersch, ein bei den meisten Gärtnern ebenso gefürchtetes wie gehasstes oder zumindest ungeliebtes Unkraut (oder sollte ich politisch korrekt lieber sagen: ein essbares Wildkraut?) wuchert an allen Ecken und Enden und lässt sich nur schwer eindämmen, und er ist nur eines von vielen lästigen Übeln.

Kurz und gut: Ich bin mir noch immer nicht wirklich sicher, ob dieser Garten die genialste Idee oder die größte Torheit meines bisherigen Lebens ist!

Auf jeden Fall ist so ein Garten, ob nun neu aufgebaut, von jemand anders übernommen oder – wohl eher selten – umgezogen eine Entscheidung für ein größeres, wenn auch sicherlich nicht unmögliches Projekt.

Was habe ich bislang von meinen früheren Erfahrungen mitnehmen und einfließen lassen können? Unter anderem Folgendes:

Ich habe jetzt einen Garten, der wirklich genau nach meinen Vorstellungen angelegt ist, soweit das die Gegebenheiten zuließen und die Natur mitsamt Giersch, Wildkräutern, Schnecken, Wühlmäusen und sonstigem Ungeziefer nicht am Ende doch wieder alles auf den Kopf stellt. Anders als bei meinem alten Garten habe ich mich nicht in ein gemachtes Nest gesetzt, bin also nicht quasi in ein möbliertes Zimmer mitsamt fremdem Nippes eingezogen, sondern habe von Anfang an festgelegt, was wohin soll.

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Und trat ich in meinem ersten Garten als kompletter Neuling zunächst ratlos von einem Fuß auf den anderen, wusste ich hier sofort, was gebraucht wird, von der Anlage eines Komposthaufens bis zum Aufstellen von Regentonnen oder der Anlage von Beeten unter Beachtung der Sonneneinstrahlung und Bodenbeschaffenheit.

Vor allem aber: Ich weiß jetzt wirklich, was ich gerne um mich herum haben möchte. Neben dem Freizeitwert eines Gartens mit Liegestuhl unter dem Kirschbaum und einer mit wildem Wein und Kletterhortensien umrankten Terrasse gehört dazu natürlich die richtige Auswahl von Nutz- und Zierpflanzen.

Auf der einen Seite gibt es natürlich inzwischen Biogemüse in hervorragender Qualität und von ethisch (hoffentlich!) tadellosen Läden und Höfen, und da mag man sich natürlich noch fragen, warum man dann noch selbst seine Möhren, Bohnen oder Tomaten anbauen soll, zumal man dann strikt auf den Wechsel der Jahreszeiten angewiesen ist.

ABER: Selbst die schönsten Gemüseregale und Lieferdienste können natürlich nicht die Freude des Selbstanbauens ersetzen. Und lernt man nicht das Gemüse erst wieder wirklich schätzen, wenn man es selbst herangezogen hat? Ganz abgesehen davon: Ich schäme mich immer wieder, zu welchem Spottpreis die Früchte der Erde oft angeboten werden und welche Geringschätzung ihnen dann entgegenschlägt – wer einmal wirklich selbst etwas angebaut hat, weiß es besser und überlegt sich, was er unnötig anschafft und leichtfertig in den Müll wirft, auch wenn es die Biotonne ist.

Mindestens genauso interessant finde ich, was es alles selten bis gar nicht oder nur zu saftigen Preisen zu kaufen gibt, und das sind nicht einmal besonders exotische oder ungewöhnliche Sachen. Was hat man mich vor Liebstöckel gewarnt – das Zeug würde wuchern wie blöd, und ein Blatt würde für einen ganzen Pott Kartoffelsuppe reichen.

Wirklich? Bislang kann ich gar nicht genug davon bekommen und liebe dieses Küchenkraut wie auch den Borretsch mit seinem wunderbaren Geschmack nach frischen Gurken oder den Bärlauch, der sich ausbreitet wie wild und auf dem Markt ein Vermögen kostet. Und Walderdbeeren habe ich noch nicht einmal im KDW entdecken können …

Neben der Möglichkeit, sich mit diversen Lebensmitteln selbst versorgen zu können, die dann teilweise auch haltbar gemacht werden müssen, sollte man auch das Gegenteil nicht vergessen: den Aspekt des Spontanen. Und dazu gehört für mich, abends durch den Garten zu spazieren und mir mein Abendessen zusammenzupflücken, aus all dem, was gerade reif ist – während tagsüber Bienen summen und Vögel zwitschern, abends unter der Hecke die Igel schnaufen und noch später abends die Eulen ihre Kreise ziehen und Nachtigallen singen …

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