Letztes Wochenende war es endlich wieder soweit – das Stadt Land Food Festival hat, passend zum Erntedankfest, in der Markthalle Neun und drumherum stattgefunden.
Tatsächlich habe ich dieses Festival im letzten Herbst vermisst, die InitiatorInnen haben sich entschlossen, das Festival nur alle zwei Jahre stattfinden zu lassen. Wie gut also, dass für dieses Wochenende nichts anderes Wichtiges anstand und ich dem Markt-und Workshoptreiben in Ruhe fröhnen konnte. Und dass das Wetter so unfassbar gut mitgemacht hat. Ich nehme euch nun anhand von Bildern, Anekdoten und Gedanken mit und lasse das Festival Revue passieren.
Gemüse / Landwirtschaft
Großes Thema bei dem Festival ist natürlich Landwirtschaft. So waren verschiedene Landwirte anwesend und haben ihr Obst, ihr Gemüse, ihre Käse- und Wurstwaren, ihren Lavendel, ihre Blumen, ihre Eier, ihren Fisch und mehr feilgeboten. Ich mag die unterschiedlichen Ausrichtungen der verschiedenen Landwirte und ihre Geschichten. So liebe ich zum Beispiel die Wilde Gärtnerei, die auch oft in der Markthalle Neun verkaufen. Alte Sorten, samenfeste Sorten und auch immer wieder nicht ganz so bekannte Gemüse kann man hier kaufen. Diesen Sommer gab es dort sogar Honigmelonen aus Brandenburg.
Toll fand ich auch die Hiddenseer Kutterfischer, von denen hatte ich bis dahin noch nichts gehört. Das sind die letzten Fischer, die traditionell auf Rügen fischen. Ihr Berufszweig ist vom Aussterben bedroht. Große Fischfangflotten fangen nicht nur die Fische weg, sondern bieten den Fisch auch so günstig an, dass die kleinen Fischer nicht mehr davon leben könnten. Die Hiddenseer Kutterfischer fangen wirklich nur so viel, wie sie auch vor Ort verarbeiten und verkaufen können – wirklich regional, also. Teilweise wird der Fisch in Dosen haltbar gemacht. Ich habe zwei Konserven mitgenommen und bin schon ganz gespannt darauf. Tatsächlich habe ich eine kleine Schwäche für Fisch, leider gibt es aber nur selten welchen, den ich vertretbar finde.
Workshops
Im Zuge des Festivals gab es viele Gelegenheiten den Produzenten über die Schulter zu schauen oder bei Workshops mitzumachen und zu lernen. Meine Familie und ich haben uns für einen Kakao-Workshop angemeldet. Das war sehr informativ und geschmacklich auch spannend. Mir war nicht klar, wie lecker so eine Kakaobohne sein kann. Tatsächlich hat mich die Fülle des Angebots an Workshops fast ein wenig überfordert – neben dem Kakao-Workshop habe ich nur einen zweiten geschafft, der ging über Bier. Die Workshops waren teilweise gratis und teilweise kostenpflichtig. Ich fand die kostenpflichtigen eher teuer, im Hinblick auf Bildung hätte ich mir hier günstigere Preise, oder z.B. Soli-Preise gewünscht. Die Hemmschwelle war so schon hoch und die Workshops auch nicht alle voll. Es ging wohl auch anderen so wie mir. Inhaltlich hätte ich mich am liebsten zu ALLEN angemeldet.
Kinder
Für Kinder gab es ganz viel zu erleben, das war super gemacht. In der Halle war vor allem der Bienen-Stand sehr kinderfreundlich – und die Kochschule Neun hat ein abwechslungsreiches Programm angeboten. Auf dem Lausitzer Platz gab es sogar einen kleinen Kartoffelacker zum Ernten. Auch konnten die Kinder einen Parcours erledigen, der die landwirtschaftliche Arbeit nachempfinden sollte und haben bei erfolgreichem Abschluss eine kleine Überraschung bekommen. Darüber hinaus hat die Berliner Tafel Kinderkochkurse angeboten. Die Angebote für Kinder waren alle gratis und wirklich liebevoll gemacht. Super!
Müll
Ein leidiges Thema. Leider auch auf diesem Festival, das doch einen großen nachhaltigen Bezug hat. Ein Pfand-System scheint mit Abspülen etc. zu kompliziert zu sein. Dennoch muss es andere Lösungen geben. Und wenn es die schon nicht gibt, könnte es mehr Appelle und Möglichkeiten geben. Zum Beispiel: Fünfzig Cent Rabatt, wenn man sein eigenes Geschirr und Besteck mitbringt. Oder das Anbieten von Mehrweg-Geschirr zum Kaufen, das man dann immer wieder verwenden kann. Ich hatte mein Besteck-Kit dabei, so konnten wir immerhin Messer, Gabel, Löffel und Strohhalm umgehen. Bis auf bei der Suppe, da waren die Menschen an dem Food-Stand zu schnell mit dem Eintauchen des Löffels…
Schade fand ich, dass das gratis ausgegebene Leitungswasser (was ja suuuuper ist), in kleinen Plastikbechern verteilt wurde. Recyelbarkeit hin oder her, das ist viel zu viel Müll. Schon heftige Müllberge, oder? Getrennt wurde auch nicht, es gab für alles eine Tonne.
Die Kinder haben nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Parcours auch ausschließlich in Plastik verpackten Stuff bekommen – so unnötig. Da wäre aus mehreren Gründen ein Apfel aus der Region die bessere Alternative gewesen.
Gentrifizierung
Das Stadt Land Food Festival war in meinem Freundeskreis auch weit über die „Grüne Bubble“ hinaus ein Thema und wurde durchaus kontrovers diskutiert. Größter Vorwurf: Die Gentrifizierung. Dass das ein Festival für gut verdienende Leute wäre. Außerdem, dass der Bildungsaspekt doch total unterginge und am Ende nur eine Menge reiche Leute dort schlemmen würden. Nun, ich sehe das ein wenig anders und möchte hier erklären, warum.
Manche Lebensmittel erscheinen einem teuer, wenn man Discounter-Preise gewohnt ist. Das verstehe ich. Dennoch sind die Preise, die bei den Discountern abgerufen werden auch einfach keine realistischen. Eine Packung Salami KANN keine 79 Cent kosten, das GEHT einfach gar nicht. Wenn nun zumindest schon mal die Leute, die es sich leisten können, ihre Einkäufe entsprechen tätigen, würde schon wahnsinnig viel in Bewegung gesetzt werden. Da ist ganz viel Bildungsarbeit zu leisten. Teure Produkte wie Käse oder Fleisch sind ja aus Gründen teuer – somit sind diese Lebensmittel etwas ganz besonderes, etwas, das man vielleicht nicht jeden Tag konsumieren muss.
Auf dem Festival gab es übrigens eine Menge Angebote für Menschen mit wenig(er) Geld. Die Kantine Neun hat einen Stand mit einem Tagesgericht und einer Suppe angeboten, das Gericht hat 4,50 und die Suppe 1,50 Euro gekostet. Es gab faire Bratwurst für 2,50 Euro, das kosten sie auf allen Stadtfesten auch, waren hier aber garantiert nicht von der Metro. Wasser gab es gratis, Wein und Schaumwein an einem Stand gegen Spende. Die Wilde Gärtnerei bietet ein mehrschichtiges Preissystem an: Man kann sich selbst einschätzen und zahlt je nach Einschätzung den deklarierten Preis, mehr als den deklarierten Preis oder bis zu 50% weniger. Ich finde dass sich da an ganz schön vielen Stellen große Mühe gegeben wurde, es nicht zu einem Besserverdienenden-Event zu machen. Vielleicht hätten diese Punkte noch besser im Programm herausgearbeitet werden können, damit mehr Leute sie finden? Wer weiß, ob ich alles gefunden habe…
Food Court
Was mich zu meinem letzten Punkt dieses Artikels bringt, den Food Court auf dem Lausitzer Platz. Hier gab es so tolle Dinge zu kaufen, leider nicht immer mit Herkunftsbeschreibung. So weiß ich nicht, wie viel Metro und Co hier am Ende über die Theken gegangen ist. Das wäre noch toll, wenn die Händler hier transparenter agieren würden.
Sah toll aus und war lecker, wir haben aber keine Ahnung woher die verwendeten Produkte stammen…
Hier wurde sogar das Schwein vorgestellt, das diese Wurst möglich gemacht hat. Fleisch ist ein schwieriges Thema. Aber wenn Fleisch – dann bitte so!
Ich freue mich auf eure Gedanken zu dem Festival. Meine Satteltasche war voll mit tollen Lebensmitteln, an denen ich mich teilweise immer noch erfreuen kann. Happy me.
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